Die Jagdhornbläser aus Rothenburg bewahren eine historische Tradition
Horn auf – heißt es seit mehr als 52 Jahren bei der Jagdhornbläsergruppe in Rothenburg ob der Tauber, bevor die Jagdmusik von den aktuell 20 aktiven Bläserinnen und Bläsern angestimmt wird. Jedes Jahr ist die Gruppe bei verschiedensten öffentlichen Anlässen vertreten und übernimmt die musikalische Unterstützung der Veranstaltungen, aber auch der traditionellen Treibjagden im Rothenburger Raum.
Musik mit dem Jagdhorn
Seit der Gründung am 14. Oktober 1961 durch Georg Huber, den Leiter der Forstdienststelle Neusitz, trifft sich die Bläsergruppe Rothenburg ob der Tauber jeden Montagabend im Ruhbachtal bei Gattenhofen, um überlieferte Jagdsignale, Fanfaren und Jägermärsche zu erlernen und zu üben. Das anfängliche Ziel der Bläsergruppe war die Pflege des Kulturgutes und das Blasen zum letzten Geleit bei Beerdigungen. Aber dabei blieb es nicht. Heute beherrscht die Gruppe der musizierenden Jagdhornbläser ungefähr 25 deutsche Jagdsignale wie „Aufbruch zur Jagd“, „Sammeln der Jäger“, „Abblasen des Treibens“, „Reh tot“, „Zum Essen“ oder „Jagd vorbei“ sowie zahlreiche weitere Stücke. Darüber hinaus werden wiederentdeckte und neu komponierte Jagdmusikstücke einstudiert und bei den verschiedensten öffentlichen Anlässen vorgetragen, wie der Hubertusmesse, der Trophäenschau oder an den Forsttagen. So kommt es, dass das Jagdhorn heute viel häufiger und öffentliche zu hören ist als früher. Die heutige Jagdmusik hat ihre Wurzeln in der Eiszeit, einer Zeit in der die Jagd Voraussetzung für das tägliche Überleben war. Um erfolgreicher zu sein, gingen meist mehrere Männer zusammen auf die Jagd und verständigten sich mit Jagdrufen. In der weiteren Entwicklung wurden eintönige Instrumente zur besseren Verständigung eingesetzt, die aus Hörnern von Büffeln, Springböcken und Mammutzähnen hergestellt wurden. Als die Menschen lange vor unserer Zeitrechnung gelernt hatten, Metalle zu gewinnen und sie durch Gießen oder Schmieden zu formen, wurden daraus auch Metallhörner für die Jagd hergestellt. Trotz der hohen Schallkraft konnten auf diesen einfachen Hörnern nur ein oder zwei unterschiedliche Töne angeblasen werden. Die Ruf und Jagdleitsignale jener Zeit glichen daher eher Morsezeichen. Dennoch war das Jagdhorn damals gleich der Waffe ein unverzichtbares Jagdutensil. Es war das Handy des heutigen Jägers.
Das Jagdhorn, wie wir es heute kennen, stammt aus dem 17. Jahrhundert. In der Zeit des Barocks war es nur dem Hochadel erlaubt, auf die Jagd zu gehen. Man ritt zu Pferd auf die Jagd in Begleitung einer stattlichen Hundemeute. Diese Art der Jagd wird Parforcejagd genannt. Um sich dabei auch über große Entfernungen verständigen zu können, bliesen die Jäger auf dem Parforcehorn verschiedene Jagdsignale. Die Parforcehörner sind große Hörner, welche man sich auf der Jagd umhängen konnte, um beim Galopp durch den Wald und über die Wiesen die Hände frei zu haben. Das großwindige Horn ist leistungsfähig und malerisch zugleich. Eine Vielzahl von Naturtönen ermöglichen es dem Bläser, auf diesem Horn klangvolle Signale, Fanfaren und Jagdmusik vorzutragen. Heute reiten die Jäger nicht mehr zur Jagd. Die Verständigung mit dem Horn gehört bei Gesellschaftsjagden aber nach wie vor dazu. Statt dem großen und unhandlichen Parforcehorn greift man heute lieber zum kleineren Fürst-Pless-Horn, ein ventilloses Blechblasinstrument, mit welchem, bedingt durch seine Bauform, nur eine begrenzte Zahl von Tönen aus der Naturtonreihe hervorgebracht werden kann.
Das Horn beendet die Jagd
Es dient als Signalhorn, um zum Beispiel laut und deutlich das Ende der Jagd mit dem Signal „Hahn in Ruh“ zu verkünden. Wenn das Signal ertönt, müssen die Flinten und Büchsen entladen werden, und die Jagd ist vorbei. Im technischen Zeitalter von Funk und Telefon hat das Jagdhorn heute auf der Jagd an Bedeutung verloren. Es gilt bei vielen Jägern nicht mehr als das essentielle Hilfsmittel für die erfolgreiche Durchführung einer Treibjagd. Das Jagdhorn ist jedoch nicht vollständig aus der Gesellschaft verschwunden. Was nicht mehr gebraucht wird, etabliert sich im Brauchtum. Dies trifft auch auf das Jagdhorn zu. In den 1960er Jahren erlebte das Parforcejagdhorn eine Renaissance. Dank seines großen Tonumfangs hat es in vielen Jagdhornbläsergruppen wieder Einzug gehalten. Gemeinsam mit dem Fürst-Pless-Horn kann es für die Jagdmusik verwendet werden. Musik zur Jagd, wo und wann immer auch entstanden, ist also ein fester Bestandteil unseres Kulturguts Musik in einer gewaltigen historischen Entwicklung geworden. Der Ursprung des Jagdhornspielens liegt auch heute noch im jagdlichen Brauchtum. Jeder Jagdscheinanwärter muss während der Ausbildung und bei der Prüfung auch jagdliche Signale erkennen und deuten können. Um in der Gruppe der Jagdhornbläser als neues Mitglied aktiv zu werden, benötigt man aber keinen Jagdschein. Es genügt lediglich ein musikalisches Gespür, die Liebe zur Natur und das Interesse am Kulturgut Jagd.